Wie funktioniert das Müllheizkraftwerk in Darmstadt?

Wie funktioniert das Müllheizkraftwerk in Darmstadt?

Ausführliche Beschreibung der einzelnen Schritte

Anlieferung

  • Müllfahrzeuge werden bei der Einfahrt gewogen
  • An jedem Anliefertag wird die Zusammensetzung von fünf Müllanlieferungen kontrolliert
  • Die Verbrennungsluft wird mittels Saugzügen aus dem Müllbunker abgesaugt
  • Eine Kranladung befördert bis zu 2,5 t in den Einfülltrichter der Verbrennungsöfen

Nachdem das Müllfahrzeug bei der Einfahrt gewogen wurde, wird der angelieferte Müll in den 3000 m³ großen Müllbunker gekippt. Hier werden täglich bis zu 720 Tonnen Müll entsorgt (Die Anlieferung und damit die pro Tag maximal in den Müllbunker abgeladene Müllmenge beträgt 1200 t. Die täglich maximal verbrannte Müllmenge ist 720 t). Fünf Mal am Tag werden hier Proben genommen und der Abfall auf seine Zusammensetzung hin kontrolliert. Die Luft aus dem Müllbunker wird durch Saugzüge abgesaugt und der Verbrennung zugeführt. Durch den dadurch entstehenden Unterdruck im Müllbunker wird eine Geruchsentwicklung in der Umgebung vermieden. Sperrmüll wird bereits zerkleinert angeliefert. Sperrstoffe, wie große Metallteile, die sich im Müll befinden, werden vom Kranfahrer gesichtet und aussortiert, da dieser einen guten Überblick über den gesamten Müllbunker hat. Mit einer einzigen Kranladung befördert er bis zu 2,5 t in den Einfülltrichter der drei Verbrennungsöfen. Das entspricht in etwa dem Gewicht von zwei PKW's.

Verbrennung

  • Ein Dosierstößel schiebt den Müll auf den Verbrennungsrost des Kessels
  • Jeder Kessel hat zwei Erdgasbrenner
  • Durch die Bewegung des Kesselrostes und die Luftströmung trocknet der Müll aus, entzündet sich und verbrennt
  • Luft aus dem Müllbunker wird in den Ofen eingeblasen

Vom Einfülltrichter aus wird der Abfall mit einem Dosierstößel auf den Verbrennungsrost des Ofens geschoben. Jeder Kessel hat zwei Erdgasbrenner, die diesen beim Anfahren aufwärmen oder bei Störung für die geforderte Mindesttemperatur von 850°C sorgen. Der Abfall wird auf dem Verbrennungsrost kontinuierlich Richtung Schlackeabwurfschacht transportiert. So wird der Müll zunächst getrocknet, dann entzündet er sich und verbrennt ohne zusätzlichen Erdgasbrennereinsatz. Die für die Verbrennung notwendige Luft wird mit einem Gebläse aus dem Müllbunker angesaugt und in den ca. 1000°C heißen Ofen eingeblasen.

Abtransport der Schlacke

  • Die Überreste des verbrannten Abfalls fallen als Schlacke durch einen Schacht in ein Wasserbad
  • Die Schlacke wird von dort in den Schlackebunker befördert
  • Die Schlacke wird mit einem Schlackekran auf Lastwagen verladen und abtransportiert

Nach der Verbrennung des Abfalls bleibt die Schlacke zurück. Dies sind ungefähr 30% des verbrannten Mülls. Die Schlacke fällt am Ende des Rostes über den Schlackeschacht in einen mit Wasser gefüllten Kanal. Eine Kette mit Förderelementen transportiert die abgelöschte Schlacke aus dem Wasserbad in den Schlackebunker. Mit dem Schlackekran wird sie auf Lastwagen verladen und zu einer externen Aufbereitungsanlage abtransportiert.

Energiegewinnung/-nutzung

  • Bei der Verbrennung des Mülls entsteht Wärmeenergie
  • Die heißen Rauchgase im Kessel erhitzen die mit Wasser gefüllten Kesselrohre, so dass das darin befindliche Wasser verdampft
  • Kraft-Wärme-Kopplung

Ein Großteil der bei der Verbrennung des Mülls freigesetzten Wärmeenergie wird zur Stromerzeugung in einer Dampfturbine und zur Fernwärmeerzeugung genutzt. Dazu werden die Rauchgase auf ihrem Weg durch den Kessel an Wasser durchströmten Rohren entlang geführt. Dadurch erwärmt sich das Wasser und verdampft. Wird der Dampf zur Stromerzeugung verwendet und später noch für Wärmeprozesse genutzt, so spricht man von einer Kraft-Wärme-Kopplung. Der erzeugte Strom wird zur kraftwerkseigenen Stromversorgung genutzt und darüber hinaus in das Stromnetz der ENTEGA eingespeist. Mit dem Strom und der Wärme aus dem MHKW können jeweils mehr als 35.000 Einwohner versorgt werden.

Trockene Rauchgasreinigung

  • Rauchgase werden von festen Inhaltsstoffen befreit
  • Die komplette (nasse und trockene) Rauchgasreinigung nimmt mehr als zwei Drittel des gesamten MHKW ein
  • Physikalische und elektrostatische Verfahren kommen zum Einsatz

Die komplette (nasse und trockene) Rauchgasreinigungsanlage nimmt mehr als zwei Drittel des gesamten Müllheizkraftwerks ein. In der trockenen Rauchgasreinigung werden die Rauchgase von ihren festen Bestandteilen weitestgehend befreit. Die vom Kessel kommenden Rauchgase durchströmen zuerst zwei parallel geschaltete Zyklone. In diesen Fliehkraftabscheidern setzen sich schwerere Staubpartikel außen ab und rutschen zu Boden. Dann durchströmen die Rauchgase einen Sprühabsorber. Hier wird eine feststoffreiche Flüssigkeit eingedüst. Das Wasser verdampft in Rauchgas und die Feststoffe werden trocken abgeschieden. Eine weitere Stufe der trockenen Rauchgasreinigung ist der Elektrofilter, in dem die festen Partikel mittels eines elektrischen Feldes geladen und später abgeschieden werden. Trogkettenförderer transportieren die in den Zyklonen, dem Sprühtrockner und dem Elektrofilter abgeschiedenen Partikel in Reststoffsilos. Von dort werden die Reststoffe in Silofahrzeuge verladen. Diese Reststoffe werden in Salzbergwerken verwertet, indem sie die Hohlräume in Salzstätten auffüllen und diese vor dem Einsturz sichern.

Nasse Rauchgasreinigung

  • Dreistufiger Gegenstromwäscher
  • Chemisches Verfahren
  • In Wasser lösbare gasförmige Schadstoffe werden ausgewaschen
  • Saures, feststoffhaltiges Waschwasser wird durch Kalk neutralisiert und im Sprühtrockner in den heißen Rauchgasstrom eingedüst

Die entstaubten Rauchgase gelangen anschließend in den dreistufigen Rauchgaswäscher. In der ersten Stufe, der Quench, wird das Rauchgas mittels Wassereindüsung auf ca. 60 °C abgekühlt. Dabei werden Gase wie Chlorwasserstoff (HCl) und Fluorwasserstoff (HF) und andere aus dem Rauchgas ausgewaschen und im Waschwasser gelöst. In der nächsten Wäscherstufe wird Waschwasser im Gegenstrom zum Rauchgas auf Kunststofffüllkörper gegeben und damit weitere Rauchgasinhaltsstoffe ausgewaschen. In der dritten Reinigungsstufe werden Schwefeldioxid (SO2) und Reste feiner Stäube ausgewaschen. Dabei wird mit verdünnter Natronlauge (NaOH) der passende pH-Wert eingestellt, der dafür sorgt, dass stets gasförmiges Schwefeldioxid aus dem Rauchgas in das Waschwasser übergeht und dort gelöst wird. Die im Waschprozess abgeschiedenen gasförmigen Schadstoffkomponenten müssen aus dem Prozess ausgeschleust werden. In einem Teilstrom wird dieses sehr saure feststoffbeladene Waschwasser aus dem Prozess entnommen und durch Zugabe von Kalk neutralisiert. Die so entstehende Salzlösung wird in den Sprühtrockner gepumpt und verdampft. Die zurückbleibenden Salze werden im Elektrofilter abgeschieden und in das Reststoffsilo befördert.

SCR-Entstickungsverfahren

  • Hochmoderne Anlage zur katalytischen, chemischen Umsetzung von Stickoxiden (NOx) und Dioxinen
  • Diesen Anlagenteil bezeichnet man als DeNOx (Stickoxidminderung)
  • Rauchgase werden stufenweise wieder aufgeheizt
  • Kernstück der Anlage ist der Katalysator
  • Chemische Verbindungen werden in unschädliche Bestandsteile umgewandelt
  • Emissionsmesseinrichtung am Ende der Rauchgasreinigung überwacht die aktuellen Schadstoffkonzentrationen der Rauchgase kontinuierlich

Die letzte Reinigungsstufe des MHKW bildet eine Anlage zur Minderung der Stickoxide (NOx) und Dioxine im Rauchgas. Dies wird durch eine katalytische, chemische Reaktion der Rauchgasschadstoffkomponenten (NOx und Dioxine) mit Ammoniak herbeigeführt. Dabei werden die genannten Schadstoffkomponenten in unschädliche Bestandteile umgewandelt. Damit die Reaktion ablaufen kann, müssen die bis dahin auf 60°C abgekühlten Rauchgase zunächst in einem Kreuzwärmetauscher und weiter durch Dampf/Rauchgaswärmetauscher auf ca. 250°C aufgeheizt werden.

Die gereinigten Rauchgase werden von einem Saugzug angesaugt und dann an den Kamin abgegeben. Hinter der DeNOx-Anlage befinden sich die Emissionsmesseinrichtungen, die kontinuierlich alle behördlich relevanten Rauchgasschadstoffkonzentrationen messen und die die Einhaltung der Grenzwerte überwachen. Die Rauchgase verlassen die Anlage 100 m über Darmstadt bei einer Temperatur von etwa 150°C. Dabei ist das sicherbare weiße Gas unbedenklicher Wasserdampf.